Spontanerweise habe ich mich diese Woche entschlossen, beim YIP, Youth Initiative Program, mitzumachen. Der Wochenkurs hat das Thema "Geld, Buchhaltung, Budgetieren, die Finanzwelt" usw. Der Kursleiter ist Rembert Biemond.
YIP liegt 1,8 km von meinem gemütlichen Häusschen entfernt, übers Feld oder die Landstrasse endlang brauche ich ca. 25 Minuten zu Fuss zum Rudolf Steiner Seminar oder wie man bald sagen wird "Kulturcentrum Järna". Heute gehe ich gemütlich los, meine neuen Lappenstiefel an den Füssen (sie drücken noch ein wenig). Es hat über nacht geschneit, nur ein bisschen, aber man kann überall frische spuren von Tieren und Menschen entdecken. Vorbei am Unterstellplatz für die Autos der Nachbarn, an der Mülltonne (die Müllabfuhr hat uns letzte Woche vergessen, sodass alles überquillt, weiss und grüne Plastikbeutel mit Kompost und Hausmüll etc...). Den Weg der Einfahrt hinunter auf die Landstrasse. Hier habe ich die Wahl. Nach links liegt die Bushaltestelle, aber der Bus kommt nur alle halbe Stunde und ich kenne die Zeiten noch nicht genau. Nach rechts liegt der Wald mit dem Feldweg, der sich gut anbietet wenn es kalt genug oder warm genug ist. Heute ist es dazwischen, "mellan kallt", und so ist die zweite Option die matschigere. Also nehme ich die dritte Möglichkeit. Diese liegt vor mir und an mir selbst. Ich streck meinen Daumen raus. Nach ein paar Minuten kommt von hinter mir ein Auto und es ist unser Nachbar Anders. Er arbeitet am Kulturhus und fährt mich bis vor die Tür vom Vita Huset, wo der YIP Kurs um 9 Uhr beginnt.
Geld. Geld bewegt die Welt und trotzdem kann man mit Geld keine Liebe kaufen. Mit diesen beiden Statements anhand von Liza Manelli's "Money makes the world go round" und "Money can't buy me Love" von den Beatles steigt Rembert Biemond mit uns ins Wirtschaftsboot ein.
Und hier sind wir schon am Kernpunkt der Geldgeschichte angelangt. Ich komme mit der Frage "Wie können wir unsere Geldprobleme, das Missverständnis um das Geld, übrwinden, um richtig mit Geld umgehen zu können?" in den Kurs. Schon im ersten Satz höre ich den Ansatz einer Antwort: Wir müssen Geld denken lernen. Vorallem in Gegensätzen denken lernen. "Positionsspannung" halten zwischen Gegensätzen, die wir vielleicht sogar mit "Gut" und "Böse" betiteln würden, wenn Geld eine moralische Angelegenheit wäre. Wenn Geld die Welt bewegt, wenn Macht auf Geld gestützt ist, wenn die Systeme in unserer systematisierten Welt von Geld angetrieben sind, dann ist es ja offensichtlich ein wichtiger Bestandteil useres gesamtgesellschaftlichen Lebens. Dann müssen wir damit umgehen lernen um mit der gesamten Gesellschaft umgehen zu können. Wenn wir uns nicht alles erkaufen können, was Wert hat in der Welt, woher kommt denn dann der Wert, den wir Dingen zuschreiben? Und warum versucht die ganze Welt ständig, diesen anderen Wert mit dem Geldwert zu vermischen? Geld ist dafür da, wofür es da ist und Liebe ist nicht für Geld oder Geld für Liebe da. Wie entstehen unsere Werte und wie kommt es, dass wir das Geld zum Feind erklären, wenn unsere persönliches Wertebewusstsein nur nicht korrekt ist?
Meistens ist es so, dass wir dem Geld eine Schuld aufbürden, weil wir es gerne hätten aber nicht haben. Vorallem wenn andere es haben mögen wir das Geld noch weniger.
Mir gefällt der Geldunterricht sehr. Buchhaltung zum Beispiel. Das ist doch wie Tagebuchführen nur mit Zahlen. Nur, dass ich im textlichen Tagebuchführen wesentlich mehr Erfahrung habe. Es dünkt mich sehr schwer, mein Leben in Zahlen herunterzubrechen. Dafür ist es umso eifnacher, emotional nachzuverfolgen, wie es mir ging in letzter Zeit.
Wieviele Stunden investiere ich in was? Wieviele Kilos von was nehme ich täglich zu mir? Wieviel Geld gebe ich aus? Es sind diese kleinen Dinge, die nachher die Bilanzen füllen und die man sehr schnell vergessen hat. Vielleicht kann ich mich genau daran erinnern, woher ich glaube, dass mein Geld kommt. Ich habe ja im letzten Monat eine gewisse Summe von einem Buchhalter eines gewissen Kaffeehauses auf mein Konto überwiesen bekommen. Das Geld, was ich also jetzt grade ausgebe, kommt vom Kaffee. Und den Kaffee habe ich letzten Monat gemacht, damit ich diesen Monat hier sein kann. Gut.
Nun aber, wo geht mein Geld hin? Wenn ich es versuche aufzuschreiben, komme ich langsam durch die letzten zwei Wochen hindurch und finde es heraus. Dann bleibt noch das übrig, was in Bar auf meinem Schreibtisch liegt und alles ist mehr oder weniger genau. Wenn ich mir nun anschaue, was ich da aufgeschrieben habe, so sehe ich die Eckpfeiler meines Lebens. Die mir erlauben die Tage zu erleben, die ich in den letzten zwei Wochen erlebt habe. Mein Leben in Zahlen. Warum denn nicht. Zahlen, Worte, Bilder, Töne. Wenn man den Zahlen das Unangenehme nimmt, was man ihnen vielleicht gegeben hat, weil der Mathematikunterricht unangenehm war (und die Zahlen waren da bestimmt nicht dran Schuld, denke ich ziemlich genau 8 Jahre nach meiner letzten Mathestunde) dann sind sie ein wirklich angenehmes Medium, mit dem man das Leben messen, beschreiben und festhalten kann.
Am Ende der ersten Portion Geldunterricht bekommen wir die Aufgabe mit in den Tag, uns Gedanken darüber zu machen, was der richtige Preis für etwas ist. Wertefrage. Wann bezahlen wir zu viel, wann zu wenig? Was ist uns was Wert? Wann bekommen wir etwas geschenkt? Meine Eingangsfrage ist anfänglich schon an diesem ersten Tag beantwortet. Wenn ich dem Geld die Schuld nehmen will, muss ich denken lernen. Klar denken. Gegensätze aufeinmal denken können. Meine Werte richtigstellen. Das Geld harmlos sein lassen um es wirklich einsetzen zu können. Bewusstsein ist das Schlüsselwort. Das Geld kennen, damit es mich nicht verwirrt. Ordentlich sein mit dem Geld. Wie Rembert sagt: jede Entscheidung hat ökonomische Konsequenzen. Das ist vielleicht die grösste Herausforderung.
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